Aber wie soll es da helfen, dass sich Banken günstig refinanzieren können? Wenn sie mangels Vertrauen keine Kredite vergeben wollen, dann werden sie es auch nicht tun, wenn sie günstig an Geld kommen. Unternehmen machen (zumindest wenn sie wirtschaftlich verantwortungsvoll handeln) ihre Investitionen ebenfalls nicht nur davon abhängig, ob sie billig an Geld kommen. Wenn keine Nachfrage da ist, investiert niemand, auch wenn Kredite gerade günstig sind. Und der private Konsum wird durch günstige Kredite auch kaum steigen, denn in den wohlhabenden Staaten haben die Leute schon alles, während sie in den ärmeren Staaten gewiss andere Sorgen haben, als sich einen neuen Fernseher auf Kredit zu kaufen. Mal ganz abgesehen davon, dass die "paar wenigen Staaten" wie du sie nennst einen doch ganz erheblichen Bevölkerungsanteil in der EU haben, so dass das Wachstum in den übrigen Staaten stark überdurchschnittlich ausfallen muss, um im EU-Durchschnitt auf die angepeilten 3% zu kommen. Das halte ich für utopisch und stehe den Maßnahmen der EZB daher eben sehr skeptisch gegenüber.Erik hat geschrieben:der große Wohlstand betrifft aber allenfalls Deutschland und ein paar wenige andere Staaten (Benelux, Skandinavien). In weiten Teilen der übrigen EU sieht es wirtschaftlich eben gerade nicht rosig aus. Und die dortige "Kreditklemme" beruht eher auf der Angst vor einer neuen Bankenkrise - die Banken haben kein Vertrauen mehr in die Wirtschaft, weil sie schon zuviele faule Kredite in ihrem Betsand haben und keine weiteren Risiken einzugehen bereit sind. Diese Situation ist es, die die EZB im Blick hat und weshalb sie die Nullzinspolitik betreibt, nicht die Situation in Deutschland.
Das sehe ich anders. Es gibt bei manchen Themen keine offensichtlich "falschen" (bzw. je nach Sichtweise sehr viele "richtige") Lösungen. Wenn nun ein Teil der EU-Bevölkerung der Meinung sein sollte, dass 5% ein toller Mehrwertsteuersatz ist, während ein anderer Teil der Bevölkerung meint, dass 15% gut und richtig sind, dann sehe ich keine grundsätzliche Notwendigkeit, dass eine Seite nachgeben muss. Stattdessen gibt es in dem einen Staat eben diesen Satz und in dem anderen eben jenen und alle sind glücklich. Ich persönlich möchte auch gar nicht (direkt oder indirekt) über Fischfangquoten für portugisische Atlantik-Fischer mitbestimmen können oder über den Sozialhilfesatz in Finnland - ich halte mich schlicht nicht für qualifiziert genug, darüber entscheiden zu können! Wenn der finnische Sozialhilfesatz dann eines Tages genauso ausfällt wie der deutsche oder für portugisische Altantik-Fischer dieselben Quoten gelten wie für deutsche Ostsee-Fischer, nun, dann sind wir uns offenbar einig und Europa ist vereint. Wenn nicht, dann sind wir eben noch nicht vereint, aber deshalb ja noch lange nicht gegeneinander. Und letzteres ist das, was mir sehr viel mehr Wert ist. Ich finde nicht, dass wir (hier im Forum, in Deutschland, in Europa, auf der Welt) alle vereint sein müssen - es reicht mir, wenn wir uns alle gegenseitig respektieren, tolerieren und nicht auf den Sack gehen.Comedix hat geschrieben:Währenddessen wird sich der europäische Gedanke in den Köpfen der meisten Europäer weiter entwickeln. Kompromisse und demokratische Entwicklungen brauchen einfach mehr Zeit als Kriege und Konflikte. Nur würde ich mir beispielsweise bei den Entscheidungen des EU-Ministerrats wünschen, dass bei bestimmten Themen, bei denen eine Einstimmigkeit vorgeschrieben ist (z. B. Steuern oder Sozialpolitik), diese ersetzt wird durch eine qualifizierte Mehrheit.