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Abhandlung zu 'De Törn för nix'

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Vorliegender Text wurde mit freundlicher Genehmigung von Sybille Schneider der Homepage entnommen.

Inhaltsverzeichnis

Konventionen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
2. Überblick der niederdeutschen Dialekte 3. Definition des Terminus Plattdeutsch

4. Methode der Einteilung der Korpusbelege 5. Einteilung der Korpusbelege

Konventionen

Auflistung der im Text verwendeten Schreibarten und Zeichen

Kursiv Objektsprache
Kursiv‘ Die Übersetzung eines objektsprachlichen Wortes vom Französischen ins Deutsche und vom Niederdeutschen in die Standardsprache wird kursiv gedruckt und mit Häkchen versehen.
Kapitälchen Kurztitel dieser Arbeit, Titel der Sachgruppen, Asterix, Obelix, Namen zitierter Autoren
< Text > Die Bedeutung eines Wortes oder einer Kollokation wird mit spitzen Klammern versehen.
/ Text / Phonologische Zeichen werden eingerahmt durch Schrägstriche

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 - Die niederdeutschen Mundarten im Überblick. In: Sanders, Willy: Sachsensprache/Hansesprache/Plattdeutsch. Göttingen 1982. Karte 3. (aus Gründen der Übetragungsgeschwindigkeit nicht dargestellt - Comedix)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 – Sachgruppe Eßen und Trinken - Substantive
Tabelle 2 – Sachgruppe Eßen und Trinken – Freie Wortverbindungen
Tabelle 3 – Sachgruppe Eßen und Trinken - Phraseologismen
Tabelle 4 – Sachgruppe Streiten und Kämpfen - Substantive
Tabelle 5 – Sachgruppe Streiten und Kämpfen - Verben
Tabelle 6 – Sachgruppe Fluchen und Schimpfen - Substantive
Tabelle 7 – Sachgruppe Fluchen und Schimpfen - Verben
Tabelle 14 – Sachbezeichnungen – Substantive mit der Wortbildungßtruktur Reduplikation
Tabelle 15 – Sachbezeichnungen – Substantive mit metaphorischer bzw. stellvertretender Funktion

1. Einleitung

1.1 Anlaß der Arbeit

Das Projekt Asterix spricht Mundart wurde 1995 vom Ehapa-Verlag ins Leben gerufen. Es handelt sich um Asterix-Comic-Ausgaben, die aus dem französischen Original und der deutschen Standardsprache in verschiedene Mundarten übersetzt werden. Das sprachwißenschaftliche Seminar "Deutschland dialektologisch" an der Universität Würzburg hat sich im Sommersemester 1998 zur Aufgabe gemacht, die Mundart-Comic-Ausgaben zu analysieren.

1.2 Gegenstand der Arbeit

Gegenstand dieser Arbeit ist der niederdeutsche Asterix-Band 2 Asterix snackt platt - De Törn för nix.

Es ist die erste von drei niederdeutschen Ausgaben, die 1996 erschienen ist und mit 124 000 Exemplaren das bisher "meistverkaufte plattdeutsche Buch seit Bestehen der Bundesrepublik" wurde. De Törn för nix basiert auf dem französischen Band L´Odyßée d´Astérix und dem standarddeutschen Band Asterix und Obelix –

Die Odyßee. Handlung und Bilder sind dem Original entnommen, nur der Text in den Sprechblasen, Anmerkungen in eckigen Kästen und Geräuschwörter wurden ins Niederdeutsche übertragen.

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, mit welchen Mitteln die Übersetzung von Asterix und Obelix – Die Odyßee aus der neuhochdeutschen Standardsprache und der Originalsprache Französisch in einen niederdeutschen Dialekt erfolgt.

Von grundsätzlichem Intereße sind dabei folgende Fragen:

1.3 Inhaltsangabe des Törn för nix

De Törn för nix handelt von der Reise, die Asterix und Obelix unternehmen, um Steinöl zu besorgen. Dieses benötigt der Druide, um den Zaubertrank zu brauen, der den Galliern unbesiegbare Kräfte verleiht. Handlungsorte sind vor allem Schiff und Küste.

Den beiden Protagonisten wird die Suche nicht leicht gemacht. Die Römer setzen alle Mittel ein, um den Erfolg der Gallier zu verhindern. Zurück in Gallien, stellt sich schließlich heraus, daß Steinöl auch durch Rübensaft ersetzbar ist und damit die Reise mit all ihren Strapazen umsonst war.

1.4 Aufbau der Arbeit

Einführend soll ein kurzer geographischer Überblick über niederdeutsche Dialekte gegeben werden (Kap. 2). Ferner bedarf der Begriff Plattdeutsch einer Definition (Kap. 3). Des weiteren soll der Leser erfahren, aus welchen Teilen des niederdeutschen Dialekts sich der Text zusammensetzt.

Den Schwerpunkt bildet die empirische Analyse des Törn för nix (Kap. 4 bis 11). Diese erfolgt in mehreren Arbeitßchritten: Das Vokabular in den Sprechblasen wird zunächst inhaltßeitig geordnet. Daraus ergeben sich Sachgruppen, die unter folgenden Oberbegriffen zusammengefaßt werden: Eßen und Trinken, Streiten und Kämpfen, Fluchen und Schimpfen, Auf See und an der Küste. Ferner werden Personenbezeichnungen, Modernismen und Sachbezeichnungen gesammelt.

In einem zweiten Schritt werden die Korpusbelege ausdruckßeitig untergliedert. Sie werden nach Wortarten geordnet und tabellarisch aufgelistet, indem jeweils die französische der standarddeutschen und der niederdeutschen Faßung gegenübergestellt wird.

Ein dritter Arbeitßchritt leistet eine detaillierte ausdruckßeitige Gliederung der Korpusbelege. Verben werden untergliedert in einfache Verben, freie Wortverbindungen und Verbkollokationen. Besonderheiten in der Wortbildung von Substantiven und Stilmittel werden herausgearbeitet.

Auf welche Art und Weise Sprachkomik erzeugt wird und ob es sich bei dem Übersetzungsvergleich um eine kreative oder um eine imitative Übersetzung handelt, soll schließlich zusammenfaßend interpretiert werden.

Des weiteren soll herausgefunden werden, welche Gruppe von Rezipienten sich angesprochen fühlt, den Törn för nix zu lesen.

Praktische und aktuelle Informationen zu der Mundart-Asterix-Produktion liefert das Interview mit den Initiatoren der Mundart-Asterix-Reihe, Michael Walz und Christina Godau, das am 29. September 1998 im Ehapa-Verlag geführt wurde.

Eine eigene Homepage im Internet, die Asterix-Mundart-Ausgaben als Gegenstand sprachwißenschaftlicher Forschung an der Universität Würzburg vorstellt und ein linguistisches Diskußionsforum enthält, bildet den Abschluß dieser Arbeit.

2. Überblick über die niederdeutschen Dialekte

Der norddeutsche Dialektraum wird unter dem Oberbegriff Niederdeutsch zusammengefaßt. Anhand der Karte in Abbildung 1 soll der niederdeutsche Mundartraum erläutert werden.

Abbildung 1 – Die niederdeutschen Mundarten im Überblick. In: Sanders, Willy: Hachsensprache/Hansesprache/Plattdeutsch. Göttingen 1982. Karte 3 (nicht in der Onlineversion verfügbar - Comedix).

Die niederdeutsch-hochdeutsche Mundartgrenze belegt, daß die zweite Lautverschiebung im Niederdeutschen nicht stattgefunden hat. Auf der obigen Karte ist die niederdeutsch-hochdeutsche Mundartgrenze als maken-machen Linie gekennzeichnet. Im weiteren erkennt man laut Bußmann die grobe Einteilung des Niederdeutschen in Westniederdeutsch, Ostniederdeutsch und Nordniederdeutsch. Diese sind wiederum untergliedert in kleinere Mundarträume. Das Westniederdeutsche beinhaltet die nordniedersächsische, westfälische und ostfälische Mundart. Das Ostniederdeutsche schließt fünf Mundartgebiete ein: Mecklenburg-Vorpommersch, Mittel-Stettinpommersch, Märkisch (Brandenburgisch) und schließlich Niederpreußisch und Ostpommersch.

Diese fünf Dialekte sind "Siedeldialekte, die erst im Zuge der dt. Ostkolonialisation des 12. und 13. Jh. auf slaw[ischem] und balt[ischem] Substrat entstanden sind." Im Norden spricht man Nordniederdeutsch.

2.1 Herkunft der Übersetzer

Die Übersetzer des Asterix - De Törn för nix stammen aus vier verschiedenen norddeutschen Regionen: aus dem Bremer Umland, Hamburg-Finkenwerder, Nordfriesland und Wilstermarsch. Ziel dieser Arbeit soll nicht sein, herauszufinden, welcher der Dialekte bei der Übersetzung von De Törn för nix angewendet wurde. Vielmehr ist eine Dialektmischung entstanden, die sich aus den verschiedenen Dialekten zusammensetzt.

Detaillierte Merkmale und Unterscheidungen innerhalb der Gebiete und Mundarten werden außer Acht gelaßen, weil sie für die spätere Analyse des Textes keine Relevanz haben.

3. Definition des Terminus Plattdeutsch

Der Terminus Plattdeutsch ist die volkstümliche Bezeichnung für den wißenschaftlichen Fachausdruck Niederdeutsch. Dieser wiederum umfaßt sprachlich und geographisch den gesamten norddeutschen Dialektraum.

"Der Norddeutsche nennt seine angestammte Mundart bekanntlich Plattdütsch oder schlechtweg Platt, und wenn er sie genauer bezeichnen will, sagt er etwa westfäölsk Platt, mäkelbörger Platt, hambörger Platt, niemals aber nedderdütsch oder ‚niederdeutsch‘, wie es doch in der korrekten Terminologie der Sprachwißenschaft und der amtlichen Redeweise heißt... Die Tatsache, daß der zusammenfaßende Begriff ‚niederdeutsch‘ nicht volkstümlich ist, deutet darauf hin, daß die sprachliche Einheit des niederdeutschen Raums dem naiven Mundartsprecher entweder gar nicht oder nur undeutlich bewußt ist."

Beide Termini, Plattdeutsch und Niederdeutsch, sind aus dem Niederländischen entlehnt. Frühe Belege von Platt finden sich in Übersetzungsliteratur Anfang des 16. Jahrhunderts. Laut Sanders handelte es sich damals um einen geeigneten Begriff, um "heimische[n] Volkßprache im Gegensatz zur Schriftsprache der hohen Literatur" darzustellen. Entgegen zahlreicher etymologischer Thesen hat das Lehnwort plat, zum Beispiel in dem Satz "ic seggt uw plat oder opt platte" in den frühen Zeugnißen die Bedeutung "klar, deutlich, jedermann verständlich" Im 17. Jahrhundert wird der Terminus Platt negativ konnotiert, indem er nunmehr semantisch gleichgesetzt wird mit "einfältiger, grober Bauernsprache". Daran hat sich bis heute wenig geändert. Aus soziolinguistischer Sicht wird Plattdeutsch als volkstümliche Sprachform gekennzeichnet, um mit Foerste zu sprechen als eine "Art von verdorbenem Hochdeutsch".

In dieser Arbeit wird der sprachwißenschaftliche Fachterminus Niederdeutsch anstelle von Plattdeutsch verwendet.

4. Methode der Einteilung der Korpusbelege

4.1 Inhaltßeitige Einteilung

Vor Beginn der Analyse bedarf es einiger Informationen zur Methodik. Das vorliegende Material wird zunächst gegliedert. Der erste Arbeitßchritt umfaßt eine inhaltßeitige Einteilung der Korpusbelege, darunter versteht man eine Zusammenfaßung unter einem bestimmten Oberbegriff. Die Oberbegriffe erfüllen zwei Kriterien: Erstens handelt es sich um ein Thema, das typisch und handlungskonstituierend für den Asterix-Comic ist, zweitens ist es dialektologisch intereßant und spielt bei der Befragung von Gewährspersonen zur Bestimmung eines Dialektes eine Rolle. So bilden sich folgende Sachgruppen: Eßen und Trinken, Streiten und Kämpfen, Fluchen und Schimpfen, Auf See und an der Küste, ferner die Sammlung von Personenbezeichnungen, Modernismen und Sachbezeichnungen.

4.2 Ausdruckßeitige Einteilung

In einem zweiten Arbeitßchritt wird eine ausdruckßeitige Einteilung der Korpusbelege vorgenommen. In der Folge entstehen Gruppen von Substantiven, Adjektiven und Verben. Letztere werden unterteilt in einfache Verben, freie Wortverbindungen, und feststehende Kollokationen.

Die Korpusbelege werden entweder als einzelnes Wort oder samt Kontext in Tabellen aufgenommen, da oft der Textzusammenhang notwendig ist, um Sprachkomik zu verdeutlichen.

5. Einteilung der Korpusbelege

5.1 Sachgruppe Eßen und Trinken

Die erste Sachgruppe umfaßt das Thema Eßen und Trinken, weil dieses einerseits in der Welt von Asterix und Obelix häufig thematisiert ist, und andererseits eine Tätigkeit darstellt, die Gegenstand der Befragung von Gewährspersonen ist. Gegenstand der Dialektologie ist die Verbalisierung des primären Lebensbereiches, hierzu zählt das Eßen und Trinken, da es für jedermann lebensnotwendig und alltäglich ist. Eßen und Trinken sind Grundbedürfniße des Menschen, des weiteren zeigen sich hier auch typische Eigenarten beim Kochen, Backen und im Umgang mit Speisen. Spezialitäten, sowie deren Herkunft und Zubereitung sind von besonderem Intereße und tragen zur Charakterisierung einer Region bei.

5.1.1 Substantive

Die folgende Tabelle zeigt eine Gegenüberstellung von Substantiven aus dem Bereich Eßen und Trinken im Französischen, der deutschen Standardsprache und dem Niederdeutschen.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"Et moi j´ ai toujours faim!"
(S. 29, 4), (S. 26, 6), (S. 30,1)
"Und ich hab´ immer noch Hunger!" "Un ik heff jümmers noch Smacht!"
"Les déjeuners!"
(S. 5, 7)
"Die Vorspeise!" "Dat Swattsuur!"
"Du potage: [...]."
(S. 27, 9)
"Eintopf!" "Dicke Arfen!"
"Je sens déjà les sangliers rôtis!"
(S. 40, 7)
"Ich riech´ sie schon, die gebratenen Wildschweine!" "Ik kann den Swiensbraden al rüken!"
"[...] Carpe farcie [...]"
(S. 31, 9)
"[...] Fisch [...]" "[...] Backfisch [...]"
"[...] au menu des Gaulois."
(S. 5, 6)
"[...] Schnitzeljagd [...]" "[...] Iesbeenfreten [...]"
"Je vais eßayer de l´ avoir par la gourmandise!"
( S. 26, 3)
"Ich werd´ sie bei ihrer Naschlust packen!" "So krieg ik den lütten Leckertähn wiß faat!"
"Je n´ ai jamais vu un tel appétit!"
(S. 31, 9)
"Einen so unglaublichen Appetit habe ich in dieser Herberge noch nie gesehen!" "So´ n düchtigen Eter heff ik noch nienich sehn."

Tabelle 1 – Sachgruppe Eßen und Trinken - Substantive

Das standardsprachliche Substantiv Hunger wird in der niederdeutschen Ausgabe als Smacht wiedergegeben. Smacht ist nach Buurmann "zumeist die Bezeichnung für sehr großen Hunger" und in vielen Redewendungen gebräuchlich. Beispiele wie "ik fall vör Smacht haast um" (‚ich falle vor Hunger fast um‘) und "ik hebb so´ n Smacht, dat mi de Darms in´ t Liev kellen" (‚Ich habe so einen Hunger, daß mir die Därme im Leib kitzeln')‚ demonstrieren, daß Smacht die Steigerung von Hunger ist.

Smacht ist in der Umgangßprache als Schmacht geläufig und wird häufig verwendet, um starke Hungergefühle oder auch im übertragenen Sinn Entbehrung auszudrücken. Mit dem Schmacht laßen sich in der standardsprachlichen Umgangßprache Komposita unterschiedlicher Variationen bilden: z.B. "Schmachtfetzen, Schmachtengel [...]".

Was im Französischen neutral als les déjeuners (‚Mittageßen‘) und in der deutschen Standardsprache als Vorspeise bezeichnet wird, wird im Niederdeutschen beim Namen genannt. Swattsuur, wörtlich übersetzt: ‚Schwarzsauer‘ ist ein in Norddeutschland allgemein bekanntes und beliebtes Gericht. Da es sehr fett ist, wird es traditionsgemäß oft im Winter zubereitet. "Pfoten, Ohren, Schnauze, Bauchspeck vom Schwein werden in Eßig gekocht und mit Blut versetzt; Buchweizenklöße und Pellkartoffeln werden dazu gegeßen." Dieses Gericht ist nicht das einzige, welches im Törn för nix als niederdeutsche Spezialität innerhalb des Themenbereichs genannt wird. Im französischen Asterix eßen die Protagonisten du potage (‚Suppe‘), daraus wird im standardsprachlichen Deutsch Eintopf. Im Törn för nix wird die Speise konkret dicke Arfen‚dicke Erbsen‘ genannt, wiederum eine Spezialität: "[...] dicke Erbsen waren früher ein sehr häufiges Gericht, das es auch zu besonderen Gelegenheiten, wie etwa Weihnachten, gab. Dazu aß man gepökeltes Rindfleisch, Speck, Käse, aber auch solten Hiering gesalzenen Hering."

Aus gebratenem Wilschwein, dem Lieblingsgericht von Asterix und Obelix, wird in der niederdeutschen Faßung Swiensbraden (‚Schweinebraten‘), welcher jedoch nicht unbedingt typisch für Norddeutschland ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Backfisch, ein in Teig gewendeter, frittierter Fisch, der häufig auf Jahrmärkten feilgeboten wird. Er darf auf keiner Kirmes in Norddeutschland fehlen. Intereßant ist an dieser Stelle, daß sich die niederdeutschen Übersetzer hier eher an der französischen Faßung orientiert haben, dort handelt es sich um Carpe farcie (‚gefüllten und überbackenen Fisch‘), im Deutschen einfach um Fisch.

Bei den Franzosen wird Le menu des Gaullois (‚das Menu der Gallier‘) verspeist, in der deutschen Standardsprache wird an dieser Stelle das Wortspiel Schnitzeljagd eingesetzt. Damit kann einerseits ein beliebtes Kinderspiel gemeint sein, andererseits, wörtlich betrachtet, die Jagd auf das Fleisch der Wildschweine. Im Törn för nix ist an dieser Stelle die Rede von Iesbeenfreten (‚Eisbeinfreßen‘). Eisbein, mit Sauerkraut als Beilage, läßt sich abschließend auf die Liste der norddeutschen Spezialitäten setzen, die diesem Comic entnommen werden können.

Aus dem Text kann man ersehen, daß jemand, der gerne süße Sachen nascht, im Törn för nix mit der Metapher Leckertähn, also mit ‚Leckerzahn‘, bezeichnet wird. Die Bezeichnung Leckermaul für einen Feinschmecker oder jemanden, der gern Süßigkeiten ißt, ist in der Umgangßprache geläufig. Im französischen und deutschen Comic hält man sich mit der genauen Personenbezeichnung zurück und zieht eine Umschreibung vor, die lautet: jemanden bei seiner Naschlust packen, anstelle von: ‚den Leckerzahn fett kriegen‘.

So´ n düchtigen Eter heff ik noch nienich sehn (‚Einen so tüchtigen Eßer habe ich noch nie nicht gesehen‘) im Törn för nix steht dem standardsprachlichen Ausdruck einen so unglaublichen Appetit habe ich [...] noch nie gesehen gegenüber. Der niederdeutsche Ausdruck beschränkt sich auf die Person, der beim Eßen zugeschaut wird. Die Standardsprache bedient sich des Substantivs Appetit, das in diesem Zusammenhang metaphorischen Charakter hat, denn Appetit kann nicht visuell wahrgenommen werden.

Faßt man das Ergebnis dieser Aufstellung der Substantive in der Kategorie Eßen und Trinken zusammen, so läßt sich feststellen, daß die Übersetzer großen Wert darauf gelegt haben, Bezeichnungen typischer Gerichte aus Norddeutschland in den Törn för nix einfließen zu laßen. Aus Gerichten der gallischen Protagonisten, die das französische Original vorgibt und die Standardsprache weitestgehend übernimmt, werden norddeutsche Spezialitäten. Diese tragen zur Charakterisierung der Dialektlandschaft bei.

5.1.2 Verben

Die Gruppe der Verben in der Sachgruppe Eßen und Trinken ist im Törn för nix reichhaltig gespickt mit freien Wortverbindungen und solchen, die als Phraseologismen bezeichnet werden können.

5.1.2.1 Freie Wortverbindungen

Fleischer setzt den Terminus freie Wortverbindungen in Kontrast zu Phraseologismen. Die verbalen Syntagmen in der anschließenden Tabelle weisen keine Idiomatizität auf, können syntaktisch variiert werden und es besteht keine lexikalisch-semantische Stabilität.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"[...] Quand on bivouaque on mange?"
(S. 30, 1)
"[...] was sagt der da von Fasten?" "[...] wat seggt he vun Smacht kriegen?"
"Alors boire et manger, il n´ y a que ç a qui compte pour vous!!"
(S. 10, 6)
"Außer Freßen und Saufen habt ihr wohl gar nichts im Kopf, wie?" "Freten und supen, anners hebbt ji nix in´ n Kopp, wat?"
"[...] ils ont avalé, croqué, bâfré, englouti tous ceux de ma harde [...]"
(S. 5, 4)
"Weil sie jeden einzelnen aus meiner Rotte gefangen, gebraten, verschlungen und bis auf die Knochen abgenagt haben [...]" "[...] se hebbt fungen, braadt, wegneiht un afgnabelt bet op de Knaken."

Tabelle 2 – Sachgruppe Eßen und Trinken – Freie Wortverbindungen

Zuoberst befindet sich in der Tabelle das verbale Syntagma Smacht kriegen (‚großen Hunger bekommen‘). Es wurde in der Standardsprache semantisch abgewandelt und mit Fasten wiedergegeben.

Die Verben freten un supen (‚freßen und saufen‘)‚ die imitativ aus der Standardsprache übernommen wurden, anstelle von boire et manger (‚trinken und eßen‘) im Französischen, entstammen der derben Umgangßprache.

"Primär bezeichnet "Umgangßprache" eine Art der Sprachverwendung, nämlich mündliche Sprachverwendung im Wechsel mit dem gegenwärtigen anderen; d. h. Umgangßprache bezeichnet die sprachliche Funktion des Gesprächs.

In zweiter Linie wird mit "Umgangßprache" eine Varietät einer Sprache bezeichnet, die schwerpunktmäßig im Umgange, d. h. im Gespräch, in mündlicher Kommunikation, üblich ist. [ ... ] Semantisch ist der Gebrauch von Allerweltswörtern auffällig (machen, tun, Ding). Insgesamt sind - etwa im Vergleich zur Vortragßprache - größere Läßigkeit und stärkere Affektbetontheit zu beobachten."

Die Aufzählung der Verben braadt, wegneiht un afgnabelt bet op de Knaken (‚gebraten, verschlungen und bis auf die Knochen abgenagt‘) schildert schrittweise und sehr bildlich das Ritual der Wildschweinzubereitung aus der Sicht der Wildschweine.

5.1.2.2 Phraseologismen

Unter Phraseologismus versteht man nach Fleischer "die syntaktische Verbindung von Wort-Komponenten [...] die sich von freien Wortverbindungen unterscheiden, [...] eine Wortverbindung, die mindestens ein autosemantisches Wort enthält, also nicht nur aus Dienst- oder Hilfswörtern besteht, [...]."

Es existieren drei syntaktische Strukturen eines Phraseologismus. Sie "[...] kann die einer nicht-prädikativen Wortverbindung [...], einer festgeprägten prädikativen Konstruktion [...] oder eines festgeprägten Satzes sein."

Schließlich sind, um die Definition zu komplettieren, drei Kriterien für die Differenzierung zwischen Phraseologismen und freien Wortverbindungen von entscheidender Bedeutung: "Idiomatizität, semantisch-syntaktische Stabilität, Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit."

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"[...] vous ne seriez pas un peu près de vos sesterces [...]"
(S. 30, 5)
"Ihr könnt es mit dem Fasten halten wie ihr wollt, aber dann kann es euch paßieren, daß ich schwach werde." "Man wenn dat so wiedergeiht, denn fall ik vun´ t Fleesch."
"[...] j´ ai faim!"
(S. 27, 8)
"[...] ich habe Hunger!" "[...] mi keddelt al de Darms in´t Lief!"
"[...] tu trinques avec moi?"
(S. 10, 3)
"[...] laß uns eine zusammen heben!" "[...] laat uns een hebben!"
"[...] c´ est drôlement bon!"
(S. 30, 3)
"[...] ungeheuer wohlschmeckend! [...]" "[...] smeckt as Zucker op Titt!"
"[...] et ç a donne un meilleur goût!"
(S. 47, 5)
"[...] geschmacklich absolut eine Verbeßerung!" "[...] smeckt as wenn di´n Engel op de Tung pißt!"
"Tu n´ en diras des nouvelles."
(S. 10, 5)
"Da bleibt dir die Spucke weg!" "Dor lickst di all de Fingers na."
"Tes poißons ont un fumet qui me met en appétit, [...]"
(S. 12, 5)
"[...] deine Fische duften ungemein appetitanregend heute!" "Kunn ik mi rinsetten!"

Tabelle 3 – Sachgruppe Eßen und Trinken - Phraseologismen

Im folgenden Teil sollen die Phraseologismen aus dieser Sachgruppe näher betrachtet werden. Da ihre Anzahl nicht gering ist, stellt sich die Frage, welche Bedeutung sie in Bezug auf die Rezeption des Textes haben und welcher Wert ihnen zugemeßen wird.

"Eine wesentliche Rolle spielt die Fähigkeit der Phraseologismen, "Psychische Zustände" des Sprechers oder Schreibers zu indizieren und beim Hörer oder Leser zu induzieren. Sie können dem Wecken oder Wachhalten des Hörers oder Lesers dienen, der Herstellung engeren Kontaktes, der Betonung sozialer Zusammengehörigkeit, dem Ansprechen des Partners durch Bezugnahme auf seine Alltagserfahrung mit der Verwendung alltäglicher Formeln, auch der emotional betonten Wertung."

Alle nun folgenden Phraseologismen beruhen auf einer kreativen Übersetzung. Ein Vergleich mit der französischen und deutschen standardsprachlichen Variante lohnt sich aufgrund der großen Diskrepanz nicht. Hier erscheint es sinnvoller, das Phänomen Phraseologismus an sich zu beleuchten und die Wirkung der so individuell gestalteten Übersetzung zu betrachten.

An erster Stelle ist der Phraseologismus ik fall vun´ t Fleesch (‚ich fall vom Fleisch‘) im Sinne von <abmagern> augenfällig. Die Außage mi keddelt al de Darms in´ t Lief (‚mir kitzeln alle Därme im Leib‘), anstatt direkt zu sagen <ich habe großen Hunger> schließt sich der Gruppe der Phraseologismen an und zeichnet in den Gedanken des Lesers spontan ein lebendiges, leicht vorstellbares Bild.

Der phraseologische Ausruf laat uns een hebben (‚laß uns einen haben‘), um zum Trinken und Anstoßen aufzufordern, hat kommunikative Funktion. Es handelt sich um eine "Stimulierungsformel", die bei Tisch ausgesprochen wird, um zum Trinken einzuladen.

Die beiden folgenden Phraseologismen dienen der Komparation: der erste lautet smeckt as Zucker op Titt (‚schmeckt wie Zucker auf der Titte‘), <es schmeckt gut>, der zweite komparative Phraseologismus, ist eine Steigerung des ersten. Er lautet: smeckt as wenn di´ n Engel op de Tung pißt (‚schmeckt als ob dir ein Engel auf die Zunge pißt‘), <es schmeckt sehr gut>.

"Die komparativen Phraseologismen werden zunächst durch eine besondere semantische Beziehung konstituiert. Sie werden als Vergleich an ein freies Element des Satzes fest angeschloßen. Insofern liegt ihnen ein strukturell-semantisches Modell zugrunde; unterschiedliche lexikalische Ausfüllung der Struktur ist stets als Vergleichsbeziehung aufzufaßen."

Diese beiden komparativen Kollokationen sind in der Standardsprache nicht sehr geläufig. Laut Küpper existieren Redewendungen, wie "es schmeckt wie Titte = es schmeckt sehr gut. [...] es schmeckt wie Titte mit Ei = es schmeckt besonders gut [...]". Die Phrase es schmeckt als ob dir ein Engel auf die Zunge pißt scheint als niederdeutsche und gleichzeitig umgangßprachliche Redewendung einzigartig zu sein. Bei Küpper findet man diese Redewendung mit der Bedeutung "es mundet hervorragend. Frommer Sinn glaubt, daß die Engel dem Menschen nur Gutes und Liebliches bescheren.[...]".

Wenn etwas besonders köstlich schmeckt und man sich nicht derb oder vulgär äußern will, benutzt man im Törn för Nix die Phraseologismen dor lickst di all die Fingers na (‚da leckst du dir alle Finger nach‘) oder [dor] kunn ik mi rinsetten (‚[da] kann ich mich reinsetzen‘).

Zusammenfaßend läßt sich festhalten: Die bildliche, metaphorische Sprache, die den Phraseologismen zugrunde liegt, dient in erster Linie der Expreßivitätßteigerung. Ein Vergleich der drei Vorlagen zeigt, daß die Sprache der Handlungsträger im Törn för nix sehr bildlich ist. Der Leser ist nun doppelt gefordert: zunächst muß er beim Lesen den Bild-Text-Bezug herstellen, zweitens gilt es, phraseologische Wortverbindungen zu entschlüßeln und den daraus entstehenden wortspielerischen Effekt auf das Bild zu übertragen. Dieser Ansporn zeigt eine große Erwartungshaltung seitens der Autoren und verleiht dem Törn för nix ein hohes Niveau.

Beachtenswert ist, daß es sich nicht um Ausdrücke handelt, die nur norddeutsche Dialektsprecher verstehen und entschlüßeln können. So handelt es sich meist um Redewendungen, die auch dem Standardsprecher zugängig sind.

5.2 Sachgruppe Streiten und Kämpfen

Die zweite Sachgruppe befaßt sich inhaltlich mit dem Themengebiet Streiten und Kämpfen. Diese Tätigkeit ist Bestandteil der Abenteuer von Asterix und Obelix. Sie sind ständig mit ihren römischen Feinden konfrontiert, deren größter Wunsch ein Sieg über das gallische Dorf, die Heimat von Asterix und Obelix, ist.

Ausdruckßeitig fällt die Kreativität der Übersetzung in diesem Themenbereich auf. Bei den Substantiven macht sich diese durch auffällige Wortbildungsprodukte bemerkbar. Im Bereich der Verben handelt es sich um einfache Verben oder Verbkollokationen die idiomatisiert sind. Dadurch werden Handlungen ironisiert und verlieren ihre Ernsthaftigkeit. Diese Technik, die dazu dient, Sprachkomik zu erzeugen, soll im Folgenden betrachtet werden.

5.2.1 Substantive

Die Auswahl von Substantiven, die das Streiten und Kämpfen im Törn för nix charakterisiert, ist in folgender Tabelle dargestellt.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"Après la tempête des batailles navales, le navire phénicien poursuit paisiblement sa route."
(S. 26, 5)
"Nach diesen stürmischen Seeschlachten verfolgt das phönizische Schiff friedlich seinen Weg." "Na de een oder anner pläseerliche Kabbelee kümmt dat Schipp ut Phönizien mit Sünn in de Seils stüttig voran."
"Combat-chaud en plein mer!"
(S. 22, 3)
"Schiffe versenken" "Haueree op hoge See"
"[...] ce sera terrible!"
(S. 11, 6)
"[...] wird es schlimm!" "[...] gifft dat´ n groot Mallöör!"
"On devait se cou´ i ´ d´ o´ et on s´ est couv´ t de ´idicule!"
(S. 22, 8)
"Mit Gold bedecken wollten wi´ uns, abe´ mit Schande haben wi´ uns bedeckt!" "´N Ba´ g Gold schull dat daal´ egen, ave´ Schimp un Schann hebbt wi k´ egen!"

Tabelle 4 – Sachgruppe Streiten und Kämpfen - Substantive

Die Zahl der Substantive in dieser Sachgruppe ist wesentlich geringer, als die der Verben (siehe Kap. 6.2) Zunächst sieht man bei den Substantiven einen augenfälligen Wortbildungstyp, wenn man Kabbelee (‚Kabbelei‘) und Haueree (‚Hauerei‘) vergleicht. Es handelt sich um Verbalsubstantive, die mit dem Suffix –ee (-ei) und -eree (‚-erei‘) gebildet werden und eine Handlung bzw. einen Vorgang bezeichnen. Auffällig ist eine deutliche Bagatellisierung, wenn man die beiden Bezeichnungen aus der französischen und deutschen Standardsprache, tempête de batailles, stürmische Seeschlachten und Kabbelee (‚Kabbelei‘) vergleicht. Das Ausgangsverb kabbeln, das dem Substantiv Kabbelee zugrunde liegt, bedeutet laut Mensing, "sich mit Worten streiten", "zanken". Ursprünglich findet sich in der Seemannßprache das Verb kabbelig sein, als Fachausdruck für gegeneinanderlaufende Wellen, die sich ungleichmäßig bewegen.

Das niederdeutsche Substantiv Mallöör ist von dem französischen Fremdwort malheur (‚Unglück‘) entlehnt. Laut Duden handelt es sich um ein Wort, das in der deutschen Umgangßprache in Kollokationen wie "mir ist ein [kleines] M[alheur] paßiert; das ist doch kein M.[alheur] (nicht so schlimm!)" bekannt ist. Es handelt sich demnach bei Mallöör wiederum lediglich um ein kleines Mißgeschick, nicht um etwas, was gefährliche Konsequenzen haben könnte.

Das Wortpaar Schimp un Schann (‚Schimpf und Schande‘) hat eine starke expreßive Wirkung, sowohl in der Standardsprache als auch im Dialekt. Es handelt sich nach Fleischer um ein phraseologisches Wortpaar. "Zwei (nur selten drei) der gleichen Wortart angehörende Wörter, verknüpft durch eine Konjunktion (meist und, auch weder ... noch, oder) oder Präposition (in)."

Die Wahl der Substantive in dieser Sachgruppe zeigt, daß sich das Streiten und Kämpfen bei Asterix und Obelix nicht mit verbißener Ernsthaftigkeit vollzieht. Vielmehr wird das Ziel erreicht zu ironisieren. So wird Sprachkomik erzeugt.

5.2.2 Verben

Im Vergleich zu der französischen und deutschen Standardsprache ist besonders auffällig, daß im Törn för nix, was das Themengebiet Streiten und Kämpfen betrifft, mit Worten gespielt wird. Jedes Verb oder jede Kollokation hat metaphorischen Charakter. Ferner klingen viele der Verben im Törn för nix lautmalend und demonstrieren damit die geräuschliche Komponente, die zu dieser Tätigkeit gehört. Inwiefern diese Verben sich von den standarddeutschen Verben unterscheiden und auf welche Art und Weise sie Sprachkomik erzeugen, ist nun von Intereße.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"Ne les rate pas [...]"
(S. 23, 3)
"Laß sie nicht entkommen [...]" "Laat jüm nich utbüxen [...]"
"[...] plus rien ne peut empêcher tes légions d´occuper toute la Gaule."
(S. 44, 8)
"[...] jetzt kann deine Legionen nichts mehr daran hindern, ganz Gallien zu erobern." "[...] dien Legionen köönt ganz Gallien ünnerkriegen!"
"On coule?"
(S. 22, 5)
"Absaufen laßen?" "Allens tweikloppen?"
"Fais donner l´ ordre d´ envahir et d´ écraser le village des irréductibles!"
(S. 44, 9)
"Gib Befehl, das Dorf der unbeugsamen Gallier sofort anzugreifen und die Geschichte zu beenden!" "Geev Order: Stracks dat Dörp mit de opsternaatschen Galliers plattmaken! Dat de dösige Geschicht ´n Enn hett!"
"Il y a décidément trop de monde dans ce désert!"
(S. 38, 1)
"Ich sag´ s ja, die Wüste lebt! "Un nix anners in Kopp as kriegenspelen?!"

utbüxen (‚ausbüxen‘) <sich davonmachen>

Das Verb ausbüxen ist in der deutschen Umgangßprache im scherzhaften Gebrauch geläufig. Es fällt daher erstens nicht schwer, die Bedeutung des niederdeutschen Verbs utbüxen zu erschließen. Zweitens stellt die scherzhafte Konnotation im Gegensatz zu standarddeutsch entkommen ein Mittel dar, um Sprachkomik zu erzeugen.

ünnerkriegen (‚unterkriegen‘) <entmutigen, beherrschen>

Das Verb Gallien ünnerkriegen im Törn för nix steht in Kontrast zu Gallien erobern im Standarddeutschen.

Die Bedeutung des niederdeutschen Verbs läßt sich aufgrund der Ähnlichkeit mit der standarddeutschen Form leicht herleiten. Dort ist z.B. die Redewendung "Laß dich nicht unterkriegen!" mit der Bedeutung ‚sich nicht entmutigen laßen‘ geläufig. Im Kontext erscheint das Verb ünnerkriegen wesentlich harmloser, während erobern, als Terminus aus dem Kriegswesen, fachspezifisch ist.

tweikloppen (‚[ent]zweiklopfen‘) <zerstören>

Was die standardsprachliche Version schon vulgär mit absaufen laßen bezeichnet, lautet im Törn för nix tweikloppen. Bezüglich des Sprachniveaus befinden sich die Verben absaufen und tweikloppen auf derselben Ebene und beinhalten beide die Absicht, etwas zu zerstören. Das Verb tweikloppen enthält die lautmalerische Komponente und hat eine stark bildliche Wirkung.

plattmaken (‚plattmachen‘) <zerstören>

Bei diesem Verb ist deutlich zu erkennen, daß sich die Übersetzer an der französischen Vorlage orientiert haben. Hier wird das französische Verb écraser ‚zerdrücken‘ verwendet, um die Art des Zerstörens des gallischen Dorfes anschaulicher zu machen. Es soll förmlich dem Erdboden gleichgemacht werden, was im Törn för nix plakativ durch das Verb plattmaken dargestellt wird.

kriegenspielen <fangenspielen>

Dieses Verb beinhaltet einerseits das Morphem kriegen im Sinne von ‚bekommen‘, und andererseits das Morphem spielen. Diese zweite Komponente des Verbs -spielen verdeutlicht, daß es sich nicht um eine reale oder ernsthafte Tätigkeit handelt.

Auswahl und Fülle der Verben zeigen, daß das Streiten und Kämpfen im Leben der Gallier eine wichtige Rolle spielt, es scheinen unentbehrliche Tätigkeiten zu sein, durch die sie charakterisiert werden. Im Törn för nix wird besonders deutlich, daß es für sie eine spielerische Angelegenheit ist, was die oben angeführte Auswahl an Verben deutlich macht.

5.2.2.1 Phraseologismen

Die zweite Gruppe von Verben verstärkt die These der Expreßivitätßteigerung und untermauert den komikerzeugenden Aspekt des Streitens und Kämpfens. Es läßt sich gar eine Steigerung feststellen, da es sich nicht nur um Verben handelt,

sondern um Verbkollokationen. Fleischer grenzt diese näher ein und benennt sie mit dem Fachterminus "verbale Phraseologismen". Als Hauptbestandteil fungiert neben dem Verb ein Substantiv mit oder ohne Artikel.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"[...] nous [...] sommes en guerre contre eux!"
(S. 36, 8)
"[...] wir [...] liegen nämlich mit denen im Krieg!" "[...] wi [...] hebbt uns mit de nämlich jüst in de Wull!"
"[...] nous [...] sommes en guerre contre eux!"
(S. 37, 5)
"[...] wir [...] liegen nämlich mit denen im Krieg!" "[...] wi [...] hebbt uns mit de nämlich in de Hoor!"
"[...] nous [...] sommes en guerre contre eux!"
(S. 37, 10)
"[...] wir [...] liegen nämlich mit denen im Krieg!" "[...] wi [...] hebbt uns mit de nämlich jüst bi de Plünnen!"
"Nous n´ avons pas le temps de nous amuser Obélix!"
(S. 14, 6)
"Wir können uns ein anderes Mal amüsieren, Obelix!" "Schinkenkloppen köönt wi´ n anner Mol spelen!"
"Je sens que ma dernière hure est proche."
(S. 6, 3)
"Die sind uns auf den Haxen!" "Di kriegt uns glieks bi de Poten!"
"Il faudra jouer serré pour empêcher ces deux-là d´ arriver à bon port!"
(S. 22, 2)
"[...] wenn ich sie daran hindern will, den Zielhafen zu erreichen!" "[...] wenn mien Plaan nich in de Büx gahn schall!"
"Ils prennent plutôt un air marri en nous voyant, Obélix!"
(S. 22, 1)
"Ich glaub denen ist die Luft weggeblieben, als sie uns sahen!" "De hebbt de Büx vull, wo se weet, se kriegt´ n Jackvull!"
"[...] l´ épreuve de force, la corruption, le rapt, tout a échoué contre ces irréductibles Gaulois [...]"
(S. 7, 4)
"mit nichts waren diese unbeugsamen Gallier kleinzukriegen [...]" "[...] hebbt wi düße opsternaatschen Galliers in de Knee kregen [...]"
"[...] pourtant quelle raclée ils ont prise!"
(S. 33, 4)
"Die haben vielleicht eine Tracht Prügel eingesteckt!" "De hebbt jo böös wat op´ t Fell kregen!"
"J´ ai sauvé le bateau, non?"
(S. 22, 8)
"Ich hab zumindest das Schiff gerettet, oder?" "Wi hebbt tominst keen natte Fööt kregen!"
"On va enfin pouvoir s´ amuser!"
(S. 23, S. 4)
"Jetzt können wir endlich mal einen draufmachen!" "Nu köönt wi endlich mol rejell op´ n Putz haun!"
"Ils veulent me mettre au pied du mur!"
(S. 33, 1)
"Die wollen mich wohl an die Wand stellen!" "De wüllt mi woll an de Wand stellen!"
"[...] cela m´ amuse aßez de faire la nique aux Romains."
(S. 28, 12)
"[...] den Römern ein Schnippchen schlagen zu können!" "[...] wenn ik de Römers een utwischen kann."
"Ils vont voir ce que c´ est que la colère de César!"
(S. 25, 5)
"Die werden merken, was Cäsars Zorn bedeutet!" "Cäsar is in de Braß!"
"[...] avant que ç> a ne tourne au vinaigre!"
(S. 14, 1)
"Sonst ist alles Eßig!" "Anners kaamt wi alltohoop in de Kniep!"
"[...] notre terrible faibleße!"
(S. 18, 8)
"[...] unsere entsetzliche Schwäche [...]" "[...] wo flau wi in de Mau sünd."

Tabelle 5 – Sachgruppe Streiten und Kämpfen - Verben

"Die verbalen Phraseologismen sind am reichsten entwickelt und weisen die mannigfachsten Strukturen auf. Die ausgeprägte Entfaltung verbaler Phraseologismen im Deutschen hängt sicherlich mit den im Vergleich zum Substantiv stärker eingeschränkten Möglichkeiten der Wortbildung zusammen."

wi hebbt uns in de Wull (Inf.: ‚sich in der Wolle haben‘) <sich streiten>, <sich bekriegen>

wi hebbt uns in de Hoor (Inf.: ‚sich in den Haaren haben‘) <sich streiten>, <sich bekriegen>

wi hebbt uns in de Plünnen (Inf.: ‚sich in den Plünnen haben') <sich streiten, sich bekriegen>

Was das Französische und das Deutsche mit der Kollokation mit jemandem im Krieg sein bzw. liegen außagt, wird im Törn för nix mit dem Phraseologismus ‚sich in der Wolle haben‘, ‚sich in den Haaren haben‘ und sich in den Plünnen haben' wiedergegeben. Stilistisch fällt erstens auf, daß im Törn för nix mit Variationen gespielt wird: für ein und dieselbe Außage werden drei verschiedene Phraseologismen angewendet. Die Variationen sprechen für die Kreativität der Übersetzter, sorgen für Abwechslung und zielen auf den Humor des Lesers ab. Zweitens kann man sagen, daß alle drei Kollokationen problemlos von einem Standardsprecher verstanden werden können, da sie nur von ihrem äußeren Erscheinungsbild her niederdeutsch wirken, inhaltlich jedoch nicht regional gebunden sind. Lediglich das Substantiv Plünnen, das sich von Plunder ableitet und <Kleider> bedeutet ist ein typisch niederdeutsches Wort. Da alle drei Kollokationen jedoch zusammengehören und eine gemeinsame Außage haben, erschwert das niederdeutsche Substantiv Plünnen nicht das Verständnis des Phraseologismus.

Schinkenkloppen spelen ‚Schinkenklopfen spielen‘ <sich gegenseitig auf den Hintern hauen>

Das Standarddeutsche übernimmt imitativ das Verb amuser ‚amüsieren‘ aus dem Französischen, im Törn för nix versteht man darunter konkret die Tätigkeit ‚Schinkenklopfen spielen‘, eine sehr scherzhafte Bezeichnung, um einen Kampf oder Streit darzustellen.

di kriegt uns bi de Poten (‚die kriegen uns an den Pfoten‘) <jemanden erwischen>

Im Standarddeutschen ist die Redewendung ‚jemandem an den Hammelbeinen packen‘ gebräuchlich, um auszudrücken, daß man jemanden erwischen will, um ihm eine Rüge zu erteilen. Da es sich hier jedoch um Wildschweine handelt, die auf der Flucht sind, paßt das Substantiv Poten ‚Pfoten‘ hervorragend, zumal diese Bestandteil eines typisch niederdeutschen Gerichtes sind: "Poten mit Snuten = ´n fein Gericht" (Asterix - De Törn för nix, S. 6, 4).

in de Büx gahn (‚in die Hose gehen‘) <mißlingen>

Das Substantiv Büx oder Bux für <Hose> in der Kollokation in de Büx gahn ist, obwohl es ein typisch niederdeutsches Wort ist, in der deutschen Umgangßprache bekannt. Gebräuchlicher ist jedoch in der gesprochenen Sprache die Redewendung in die Hose gehen, um deutlich zu machen, daß etwas mißlungen ist. An diesem Beispiel läßt sich wiederum das Phänomen veranschaulichen, daß die Übersetzter sich um Kreativität bemühen. Sie gebrauchen Verbkollokationen, die die Übersetzungsvorlagen nicht bieten. Diese sind in der deutschen Umgangßprache geläufig, lediglich ihre Lautung ist niederdeutsch. Folgende Beispiele untermauern ebenfalls diese These:

'n Jackvull kriegen (‚eine Jacke voll kriegen‘) <Schläge bekommen>

in de Knee kregen (‚in die Knie zwingen‘) <unterwerfen>

wat op´t Fell kregen (‚etwas auf´s Fell kriegen‘) <geschlagen werden>

natte Fööt kregen (‚naße Füße kriegen) <Angst haben>

op´n Putz haun(‚auf den Putz hauen‘) <sich amüsieren>

an de Wand stellen (‚an die Wand stellen‘) <exekutieren>

[jemandem] een utwischen (‚[jemandem] eins auswischen‘) <jemanden schädigen>

Eine Ausnahme bilden zwei Verbkollokationen, die sowohl lautlich als auch semantisch nicht in der deutschen Standardsprache existieren:

in de Braß sin <wütend sein>

Braß stammt von dem Verb braßen, damit ist ‚krachen‘, ‚bersten‘ gemeint. Metaphorisch verwendet man z.B. die Redewendung: dor braß de Sack ‚da kam es zum Ausbruch‘.

in de Kniep kommen < in Bedrängnis kommen>

Die Kollokation in de Kniep kommen ist in der Standardsprache nicht geläufig. Kniep leitet sich ab von dem Verb kniepen, was ‚kneifen‘, ‚zwicken‘ bedeutet. Daher leitet sich auch die Bezeichnung kniepig sein ab, um eine Person zu charakterisieren, die geizig ist. Aus dem Rahmen fällt innerhalb der Reihe von Verbkollokationen auch der folgende Spruch: wo flau wie in de Mau sünd (‚wo wir in den Armen flach sind‘, <wie körperlich schwach wir sind>). Es handelt sich um eine Formel, die mit Hilfe eines Reimes auf den Humor des Rezipienten abzielt.

"Konstruktionen dieser Art werden in der Regel als textgliedernde oder kommunikationßteuernde Signale verwendet, nicht als Benennungseinheiten. Wir sprechen deshalb von kommunikativen Formeln. Es sind feststehende Formeln, Bemerkungen, Ausrufe, die uns die Sprache für bestimmte Situationen gebrauchsfertig zur Verfügung stellt."

Der Zaubertrank ist es, der die Gallier stark macht, ohne ihn sind sie machtlos. Obelix, der als Kind in dieses stärkende Getränk gefallen ist, bildet eine Ausnahme. Das Bewußtsein, daß die Gallier auf dieses Getränk angewiesen sind, sollte sie eigentlich ängstlich stimmen, doch der Reim wie flau wie in de Mau sünd demonstriert keinerlei Angst gegenüber den Römern, die die Schwäche der Gallier skrupellos ausnützen könnten. Das Gegenteil ist der Fall: Dieser saloppe Reim klingt amüsant und verleiht einer scheinbar gefährlichen Situation eine humorvolle Wirkung.

Zusammenfaßend läßt sich über das Thema Streiten und Kämpfen im Törn för nix verdeutlichen: Die Verniedlichung der Substantive, die bildliche und onomatopoetische Ausdruckskraft der Verben, und die Fülle der Phraseologismen, laßen das Streiten und Kämpfen als eine spielerische Tätigkeit erscheinen. Dies zeigt sich durch die Fülle an idiomatisierten Verbkollokationen, die fast alle aus der deutschen Umgangßprache stammen und nur von ihrer Lautung her niederdeutsch erscheinen. Die ausgewählten Phraseologismen in den bestimmten Kampfsituationen haben den Effekt, das Streiten und Kämpfen zu ironisieren und somit jegliche Ernsthaftigkeit in Frage zu stellen.

5.3 Sachgruppe Fluchen und Schimpfen

"In der Umgangßprache manifestieren und kondensieren sich unsere kulturellen Einstellungen; sie ist jener - reichhaltige! - Bodensatz der Sprache, der sich oft der Analyse verweigert. Wenn wir schimpfen und fluchen, bedienen wir uns einer kleinen Gruppe von Wörtern, die um eine noch einmal kleinere Gruppe von Tabus kreisen, welche sich um Gott, Familie, Sex und bestimmte Körperfunktionen drehen."

Welche Rolle das Fluchen und Schimpfen im Törn för nix spielt, ist im folgenden Teil dieser Arbeit von Intereße. Unterschiede zur französischen und deutschen Standardsprache sollen festgestellt und typisch niederdeutsche Fluchformeln im Asterix-Comic herausgearbeitet werden.

5.3.1 Substantive

Was wäre ein Asterix-Comic ohne Flüche und Beschimpfungen? Fluchen und Schimpfen ist ein weiterer Hauptbestandteil, der im Törn för nix Komik erzeugt und dieser darf bei keinem Abenteuer der beiden Gallier fehlen. Folgende Tabelle enthält Substantive, die zum Fluchen und Schimpfen im Französischen, Standarddeutschen und im Niederdeutschen verwendet werden.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"Par Jupiter!"
(S. 25, 5)
"[...] à cause de la mauvaise odeur qu´ ellle dégage."
(S. 13, 10)
"C´ est un Jules tout de même!"
(S. 27, 4)
"Ouie!"
(S. 15, 3)
"Beim Jupiter!"
"[...] weil´ s so stinkt!"
"[...] ein toller Hecht!"
"Die Welt geht unter!"
"Düvel ok!"
"Stinkt aver as de Düvel!"
"[...] Düvelskeerl!"
"Kalverpick un Düvelsdreck!"
"[...] disait l´ imbécile!"
(S. 24, 8)
"[....] hat der Blödian gesagt!" "[...] hett de Moors seggt!!!"
"Vous n´ allez pas déja commencer ?!"
(S. 45, 10)
"Ihr könnt doch nicht jetzt schon mit so was anfangen!" "Nu fangt doch nich nu al an mit so´ n Schiet!"
"[...] gros du bide!"
(S. 19, 7)
"[...] Dickmops!" "[...] Dickpans!"
"[...] un de ces fous du village [...]"
(S. 5, 3)
"Les fous!"
(S. 5, 6), (S. 6, 4), (S. 21, 9)
"[...] einer von den Spinnern aus dem Dorf [...]"
"Die Spinner!"
"[...] een vun de Mallbüdels
"ut´ t Dörp [...]""De Mallbüdels!"
"[...] ces imbéciles!"
(S. 22, 8)
"[...] diese Deppen!" "[...] düße Döösbattels!"
"Ce village d´ Armorique [...]"
(S. 7, 2)
"Dieses aremoricanische Dorf [...]" "Düße Swiensjacks [...]"

Tabelle 6 – Sachgruppe Fluchen und Schimpfen - Substantive

Es fällt zunächst auf, daß das Wort Düvel (Teufel) ein gebräuchliches Schimpfwort ist und in mehreren Variationen auftritt. Goltz gibt in seinem Hamburger Schimpfwörterbuch einen Überblick über die Vielzahl an vorkommenden Variationen im Niederdeutschen:

"Düvel, Deubel, Düveloors, Düvelskeerl, Düvelswief / Teufel; böser, niederträchtiger Mensch; gewalttätiger Mann, bösartige Frau; auch anerkennend: Teufelskerl / De ole Düvel! / ´n armen Düvel-bemitleidenswerter Mensch / ´ n dummen Düvel-Dummkopf ´n dwatschen Düvel-Tolpatsch."

Während das Substantiv Teufel als Schimpfwort in der Standardsprache im Törn för nix überhaupt nicht gebräuchlich ist, benutzt man es im niederdeutschen Dialekt zum Beispiel auch als Kompositum wie Düvelsdreck (‚Teufelsdreck‘) oder auch im positiven, lobenden Sinne z.B. Düvelskeerl (‚Teufelskerl‘). Düvel wird ebenso verwendet, um etwas Negatives im Vergleich darzustellen. Dies zeigt der komparative Phraseologismus stinkt aver as de Düvel! (‚stinkt aber wie der Teufel‘).

Vulgär, aber für die gesprochene Umgangßprache des Dialektes nicht ungewöhnlich, klingen Schimpfausdrücke wie Moors (Hintern‘, ‚Arsch‘) und Schiet (Scheiße). "Es gibt ein großes Spektrum solcher Äußerungen, aber in europäischer Hinsicht ist Scheiße! praktisch universell." Die französische und die deutsche Standardsprache halten sich mit derben Ausdrücken zurück und ziehen Umschreibungen vor. So wird "die erste Ölpest vor der Bretagne" (Törn för nix, S. 45, 10) im Törn för nix von einem Vogel mit so´ n Schiet (,so ein Scheiß‘) kommentiert. Im Standarddeutschen und im Französischen wird ein solcher Ausdruck vermieden, stattdeßen findet man Umschreibungen vor. Diese sind nur mit Hilfe des dazugehörigen Bildes aufschlußreich. Beide Vorlagen ähneln sich an dieser Stelle, denn die Tatsache, daß das Meer mit einer Öllache versehen ist, wird beide Male mit dem Ausruf deßelben Vogels kommentiert, der sich darüber empört, daß jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt für eine Ölpest gekommen sei.

Zum Schimpfwort Rövenees (Rübennase) im Törn för nix, findet sich kein Äquivalent in den Standardsprachen. Ferner wird Majestix als Dickpans bezeichnet, was die dialektale Faßung von Dickwanst ist und abwertend eine kleine, dicke Person bezeichnet "De Dickpans süht ut as´ n Lebberwurst op Botterfohrt" (,Der Dickwanst sieht aus wie eine Leberwurst auf Butterfahrt‘).

Das Schlüßelschimpfwort, das sich wie ein roter Faden durch den Asterix zieht, ist das Substantiv Mallbüdels (‚Spinner‘). Ursprünglich ist dies eine Bezeichnung für einen "dumme[n] Schwätzer, verrückte[n] Mensch". Neben Mallbüdel existieren andere Komposita mit dem Adjektiv mall: z.B. "Mallaap und Mallhamel". Beachtenswert ist laut Außage der Übersetzer, daß sie sich bei diesem Schimpfwort nicht unbedingt an "tatsächlich gesprochenem Plattdeutsch orientiert" haben.

Eine ähnliche Bedeutung hat das Substantiv Döösbattel (Dummkopf). Es existiert ebenso in unterschiedlichen Komposita, z.B. als "Dösbartel, Dösbaddel, Dösbartelt"

Das Schimpfwort Swiensjacks (Schweineprügel‘) kann man der Gruppe der "Schimpf-Komposita" hinzufügen. Wichtig ist hierbei, daß das erste substantivische Lexem Swiens- aus dem Tierreich stammt und in vielfältigen Zusammensetzungen existiert. Tiere, insbesondere Schweine werden oft in der Umgangßprache als Schimpfwörter verwendet. "Wenn die Deutschen nicht gerade Schweine eßen, dann nehmen sie sie verbal in den Mund. Schweine sind geradezu der Rohstoff, aus dem ihre Vulgärsprache gemacht ist." Im Niederdeutschen ist die Palette an Ausdrücken, die mit Schweinen zu tun haben und Menschen bezeichnen, die schmutzig und unmoralisch sind, breitgefächert: "Swienbeest, Swienegel, Swienfarken, Swienhund, Swienjack, Swienpesel, Swiensack ... Swieneree- Schweinerei, unanständige oder gemeine Angelegenheit / swiensch- unrein, unanständig / swiendriest- dumm, sehr frech / swienplietsch- verschlagen, gerißen"

Faßt man die Ergebniße der Untersuchung über das Fluchen und Schimpfen im Törn för nix zusammen, so läßt sich folgendes bemerken: Beim Fluchen und Schimpfen sind Phantasie, Vulgarität und Kreativität in der Ausdrucksweise keine Grenzen gesetzt. Diese Tatsache macht sich in allen drei Faßungen bemerkbar. Typisch Niederdeutsch ist das Substantiv Düvel und Komposita mit Düvel, sind im Niederdeutschen als Schimpfwörter sehr häufig. Ferner scheinen Schimpfwörter, die den Bereich unterhalb der Gürtellinie des Menschen treffen, in der Standardsprache wie im Dialekt beliebt zu sein. Das Substantiv Schwein und Komposita mit diesem, sind im Törn för nix als Schimpfwort augenfällig. Mallbüdel ist im Törn för nix äquivalent mit Spinner im standarddeutschen Asterix. Während Spinner in der gesprochenen Umgangßprache in aller Munde ist, handelt es sich bei Mallbüdel um ein Schimpfwort, was nicht im tatsächlich gesprochenen Niederdeutsch existiert. Charakteristisch für niederdeutsche Schimpfwörter ist das Lexem –büdel, daß angefügt an ein Substantiv oder Adjektiv, dem Substantiv eine negative Konnotation verleiht. In der Kategorie Fluchen und Schimpfen fällt auf, daß typische Ausdrücke aus dem Niederdeutschen verwendet werden, deren Sinn von Standardsprechern ohne Wörterbuch kaum erraten werden kann. Verglichen mit französischen und deutschen Schimfwörtern, wirkt das Repertoire in De Törn för nix sehr kreativ und abwechslungsreich.

5.3.2 Verben

Innerhalb der Gruppe der Verben sind zwei Verbkollokationen augenfällig, die genauer betrachtet werden sollen.

Standardsprache Dialekt
Französisch Deutsch Niederdeutsch
"[...] continue à ridiculiser la puißance de Rome!"
(S. 7, 2)
"[...] gibt die römische Staatsgewalt fortwährend der Lächerlichkeit preis!" "[...] hebbt dat hele röömische Riek för´ n Buurn!"
"Le moral de mes troupes est au plus bas [...]"
(S. 7, 4), (S. 46, 2), (S. 46, 2), (S. 46, 6)
"Die Moral meiner Truppen ist auf dem Tiefstpunkt angelangt!" "De Moraal vun mien suldaten is so wat vun in´ n Moors!"

Tabelle 7 – Sachgruppe Fluchen und Schimpfen - Verben

Das Substantiv Buur, Basiselement der Kollokation för´ n Buurn haben, ist primär die Bezeichnung für einen "Bauer[n] [...], Landwirt [...], Einwohner (im Rechtßinne)", hat sich jedoch im Laufe der Zeit zu einem Schimpfwort entwickelt.

"Schon im 17. Jh. galt Buur nicht als ehrenvolle Bez.; die Elbmarschbauern wollten lieber "Landbürger" genannt werden (1706) [...] De Buern nannte man in Hamburg herabsetzend die Bewohner des noch halb ländlichen Stadtdeichs und der Vorstadt St. Georg (Ende 19. Jh.), aber auch verallgemeinernd Nichteinheimische und die im St. Jakobi- Kirchspiel Ansäßigen, urspr. wohl die dortigen Ackerbürger [...]"

Das Angebot an Sprichwörtern und Redensarten, in denen Buur als Basiselement fungiert, ist sehr breit gefächert. Stets ist es der Bauer, der dumm ist und vor dem gewarnt wird. "Oft gilt der Bauer als Dummkopf, Tölpel oder Grobian, der dem Städter unterlegen ist: de dummen Buern; häufig: de dummsten Buern hebbt de gröttsten Kantüffeln [...] vgl. auch die Spottnamen Gimm-, Klüten-, Knipen-, Namiddachs-, Torf-, Waarbuur." In dieses Klischee paßt die im Törn för nix erwähnte Kollokation för´ n Buurn hebben (< "jemanden zum Narren halten, zum besten haben" >).

Zusammenfaßend läßt sich darlegen: Das sprachliche Niveau im Törn för nix ist umgangßprachlich, was in den Vorlagen nicht zum Ausdruck kommt. Im Französischen und im Deutschen findet sich gehobenes Niveau beim Fluchen und Schimpfen. Dies beweist die folgende Kollokation, die man als Steigerung des umgangßprachlichen Stils einordnen kann: [etwas] is in´ n Moors (‚[etwas] is im Arsch). Der Unterschied zwischen dem Ausdruck auf Tiefstpunkt angelangt [sein] und ‚im Arsch [sein]‘ ist vehement, es liegen zwei unterschiedliche Register vor.

Ein Außchnitt aus der semantischen Untersuchung des bairischen Dialekt- Bandes "Auf geht´s zu de Gotn":

5.4 Xenismen

Den Begriff Xenismus entnehme ich zwei Abhandlungen zu dieser Erscheinung.

Xenismen waren bisher nur sehr selten Gegenstand sprachwißenschaftlicher Untersuchungen.

Matthias Jung war einer der ersten Sprachwißenschaftler, die sich mit diesem Phänomen beschäftigten.

Nach Jung sind Xenismen alle, in einem Sprachsystem als fremd zu interpretierenden Wörter. Es soll kein konzeptioneller Inhalt übermittelt werden, sondern primär Fremdheit evoziert werden. Aufgrund der eher aßoziativen, als rationalen Funktionsweise instrumentalisieren Xenismen entweder Faszination oder Ablehnung des Fremden.

Aus diesem Grund treten sie gehäuft in Witzen, in Karikaturen, in Film und Theater oder in der Werbung auf.

Für Konrad Ehlich sind Xenismen sprachliche und nicht-sprachliche Phänomene, die die Fremdheit von Personen erkennen laßen, die neben ihrer Muttersprache noch eine zweite oder dritte Sprache erlernen oder bereits relativ fehlerfrei sprechen:

"Xenismen sind solche sprachlichen Produktionen, die sich außerhalb des sprachlichen Systems bewegen, aber in sprachliche Realisierungen eben dieses Systems eingebettet sind. Sie können alle Teildisziplinen des Systems, die phonologische, lexikalische, idiomatische, syntaktische, pragmatische, betreffen. Xenismen sind in extremem Maße auffällig, sie sind salient, springen ins Auge bzw. ins Ohr. Sie stellen die Gemeinsamkeit der Kommunikation in Frage, weisen den Sprecher als Nichtmitglied aus und können zu einer kommunikativen Verunsicherung führen. Derjenige, der Xenismus produziert, gerät dadurch sozusagen schlagartig in die Kategorie des Fremden - eines Fremden, der weiterhin incognito kommuniziert Dadurch entsteht für den Adreßaten eine Ambivalenz in der Mitgliedschaftszuweisung, die sich als bleibende Irritation auswirken kann. Je nach der Position, die der Adreßat auf der Skala zwischen xenophob und xenophil einnimmt, ergeben sich handlugspraktische Folgerungen für den weiteren Verlauf der Kommunikation zwischen dem Fremdsprachensprecher und seinem Adreßaten."

Diese beiden Abhandlungen stimmen in ihrer Grundaußage, Xenismen evozieren Fremdheit, überein.

Jung stellt seine Ergebniße allgemein vor, bezieht den Begriff Xenismus allerdings auf keinen speziellen Sachverhalt, während Ehlig anhand von Xenismen die Fremdheit eines Fremdsprachensprechers untersucht.

In meiner Arbeit benutze ich den Terminus Xenismus, um alle, im jeweiligen sprachlichen Kontext des Asterix-Textes, fremd-wirkenden sprachlichen Mittel herauszustellen und semantisch zu untersuchen.

Dabei gehe ich insbesondere auf Regionalismen, Jugend- und Umgangßprache, Fremde Sprachsysteme, Anachronismen, Wortspiele und Liedtexte ein.

5.4.1 Regionalismen

Jung bezeichnet diese, im bairischen Asterix sehr auffällige sprachliche Erscheinungsform als die Eigenheiten eines regionalen Standards.

Schunk ergänzt in seinem Aufsatz: Regionalismus- Ein sprachwißenschaftlicher Begriff? die knappen Betrachtungen Jungs zur Erscheinung des Regionalismus.

"Regionalismen sind regional begrenzt auftretende Wörter."

Von dieser These ausgehend, versucht Schunk Ansätze einer definitorischen Einordnung des Begriffes Regionalismus herauszuarbeiten. Es wird festgestellt, daß die Erscheinung Regionalismus in der Sprachwißenschaft bekannt ist. Sie taucht in lingusitischen Texten auf, wird allerdings bei keinem der von Schunk untersuchten Autoren definiert.

Hinzu kommt, daß renommierte Dialektologen, wie Werner König im "dtv-Atlas zur deutschen Sprache" oder Ludwig Zehetner im bairischen "Dialektbuch" Stellung zum Begriff Regionalismus nehmen.

Lediglich im Metzler-Lexikon wird unter dem Stichwort Dialekt auch Regionalsprache erläutert.

Nach weiteren Untersuchungen zur räumlichen Zuordnung im Brockhaus-Wahrig, Regionalismen auf verschiedenen Sprachebenen, zur geographischen Verbreitung von Regionalismen und zum Korpusproblem kommt man zu folgendem Ergebnis:

Regional begrenzt auftretende Wörter werden in der Sprachwißenschaft zur Zeit eher durch die Termini Regiolekt und Dialektismen beschrieben.

Der Terminus Regionalismus ist lexikographisch für Wörterbücher der deutschen Gegenwartßprache anwendbar, da es als "Lexem mit eingeschränkter geographischer Verbreitung" definiert werden kann.

Regionalismen bezeichnen räumlich gebundene Wörter, deren Verbreitung kleiner ist, als das gesamte deutsche Sprachgebiet. Der Regionalismus ist somit nur lexikographisch und für lexikalische Einheiten anwendbar.

Die Bezeichnung Regionalismus findet in politischer und historischer Sicht Anerkennung und dient dazu, "Ausprägungen landschaftlicher Eigenarten in Sprache, Literatur, Kultur o.ä." zu beschreiben.

Da diese Definition explizit auf "Ausprägungen landschaftlicher Eigenarten in Sprache, Literatur und Kultur verweist und der Regionalismus auch in der Sprachwißenschaft bekannt ist, wird er in der vorliegenden Arbeit als eine Ausprägung der Erscheinung Xenismus betrachtet, da "Eigenarten" zum einen immer Fremdheit evozieren und zum anderen vor allem in Mittelbayern vorkommende Ausdrücke und Traditionen beschreiben.

Standarddeutscher Asterix Regionalismus im bA
Freund Spezl, bair. Bezeichnung für Freund;
Karnutenwald Ebersbergerger Hölzl, Wald bei Ebersberg (Vorort von München) steht hier für Provinz;
Kleines gallisches Dorf Kloahausn, typischer Name für ein kleines bairisches Dorf
Zaubertrank Doppelbock, Bezeichnung für bairisches Starkbier

Tabelle 14: Regionalismen im bairischen Asterix

Sowohl bei Schmeller, als auch bei Ringseis oder Sailer taucht das Nomen Spezl als Spezi: "Freund, guter Kamerad, Busenfreund" auf. Spezl ist als Diminutivform einzuordnen, die im Mittelbairischen anstatt der standarddeutschen Form Freund gebräuchlich ist. Weiterhin muß zur vorliegenden Form "Spezl" ergänzt werden, daß im Mittelbairischen die Ausdrücke "Spezi" und "Spezl" in der Außprache zusammenfallen, was den Gebrauch von "Spezl" statt "Spezi" im bA erklärt.

Mit dem "Ebersberger Hölzl" wird auf eine Region, dem Landkreis Ebersberg, in der Mitte des Regierungsbezirkes Oberbayern liegend, angespielt. Das Gebiet grenzt an München, Erding, Mühldorf und Rosenheim. Aufgrund seines ländlichen Charakters und großen Waldgebietes, dem Ebersberger Forst, wird es gelegentlich ironisch als "voralpenländisches Provinznest" bezeichnet.

Weitere Anspielungen sind im Wappen Ebersbergs zu erkennen. Es stellt mit einer Tanne den Ebersberger Forst (Ebersberger Hölzl) dar und mit einem Eber das Wahrzeichen des Landkreises, der den Namen Ebersberg bestimmte.

Die Deutung, ob Well auf die provinzhaftigkeit Ebersbergs anspielen oder durch den Eber den Bogen zum gallischen Wildschwein spannen will, bleibt dem einzelnen Leser überlaßen.

Beim Hölzl liegt erneut die Diminutivform vor. Josef Ilmberger beschreibt das Hoizl als "kleinen Wald", bzw. "kleines Holz" und Zehetner verwist expliziet auf die im Mittelbairischen vorkommenden Diminutivform "Hölzl" für "Hoiz", was das Verwenden von Diminutivformen im Bairischen bestätigt.

"Kloahausn" ist die Bezeichnung für das kleine gallische Dorf, in dem Asterix und Obelix leben. Man kann hier fast von einer wörtlichen Übersetzung ins Mittelbairische sprechen. "Kloa" bedeutet "klein" und auf "-hausn" enden viele bairische Dörfer, wie zum Beispiel Burghausen bei München, Bubenhausen bei Augsburg oder Ebrantshausen bei Ingolstadt.

"Doppelbock" ist nur in dem erst 1997 erschienen Wörterbuch "Bairisches Deutsch" von Ludwig Zehetner genannt.

"Doppelbock ist ein Bockbier mit besonders hoher Stammwürze und höherem Alkoholgehalt, als beim normalen Bock"

Folglich kann "Doppelbock" Aufgrund dieser Nennung in einem bairischen Wörterbuch zum einen als "typisch bairischer" Ausdruck und zum anderen bezüglich dem Kontext im bA als mittelbairischer Regionalismus bezeichnet werden.

Die Bayern verkünden stolz, "die Väter des Bierbrauens" zu sein (vgl. Klischees 4.3). Doppelbock ist die Bezeichnung für ein, zur Starkbierzeit, im Frühling eines jeden Jahres, gebrautes Starkbier.

Der Außpruch Miraculixes: "I hob an Doppelbock braut, der a unbandige Kraft gibt." Erscheint im Vergleich zum standarddeutschen Asterix ungewöhnlich und beschreibt die bairische Tradition des Bierbrauens.

Zusammenfaßung

Die im bA verwendeten Regionalismen erzeugen Sprachkomik, da sie aus dem Leser aus dem sA beknnten Sachverhalte, wie zum Beispiel das Brauen des Zaubertrankes verfremden und in eine typisch bairische Tradition umwandeln. Diese Vorgehensweise erzeugt nicht nur Sprachkomik, sondern charakterisiert darüberhinaus das Bundesland Bayern und seine Bewohner.

Ein standarddeutscher Asterix wird erst zu einem bairischen, wenn zusätzlich zum bairischen Dialekt typisch bairische Bezeichnungen ("Doppelbock"), Orte Bayerns ("Ebersberger Hölzl") oder typisch bairische Namen ("Kloahausn") verwendet werden.

Dies bietet dem Leser die Möglichkeit, Bezeichnungen oder Orte oder andere bairische Charakteristika, wiederzuerkennen und sich entweder damit zu identifizieren oder sich davon zu distanzieren.

Durch diesen Wiedererkennungseffekt kann der nicht-bairische Leser über Anspielungen oder der bairische Leser über sich selbst lachen.

5.4.2 Jugend- und Umgangßprache

Jugendsprache zu definieren ist problematisch, da im Laufe der Zeit in der Forschung die unterschiedlichsten Interpretationsansätze entstanden.

Es ist festzuhalten, daß es "die Jugendsprache" nicht gibt, da so viele Jugendsprachen existieren, wie es jugendliche Gruppen gibt.

Zunächst muß deshalb geklärt werden, was Jugend ist. Der Beginn der Jugend kann mit dem Einsetzen der Geschlechtsreife festgesetzt werden. Schwieriger ist es, das Ende der Jugendzeit festzulegen.

Heinemann schreibt, daß das Erwachsenwerden dann abgeschloßen ist, wenn man verschiedene Teilreifen durchlaufen hat. So erkennen zum Beispiel Studenten, eine Gruppe Jugendlicher, daß bereits eine starke Persönlichkeitsveränderung im Gegensatz zur Schulzeit stattfand. Jugendliche durchleben in verstärktem Maße einen Wertewandel und verkörpern in ihrem Erscheinungsbild und ihren Verhaltensweisen offenkundiger als andere Altersgruppen sozialen und kulturellen Wertewandel.

Um "die Jugend" näher bestimmen zu können, darf die Entwicklung "der Jugend" nicht außer Acht gelaßen werden. " Die Jugend gilt als Errungenschaft der Moderne. In der vormodernen Zeit maß man der Jugend eine erheblich kleinere Zäsur bei, als in der Gegenwart. Die größeren materiellen Möglichkeiten und die damit verbundenen verschiedenstartigen Gestaltungsmöglichkeiten und der Ruf der Gesellschaft nach gut ausgebildeten Mitgliedern bewirken, daß die Jugend als eine Altersphase immer länger währt und in der Gegenwart immer noch anwächst.

Schäfers unterteilt die Jugendlichen in drei Gruppen:

  1. die Jugendlichen im Alter von 13-18 Jahren
  2. die 18-21-jährigen Heranwachsenden
  3. die jungen Erwachsenen im Alter von 21 bis 25 Jahren.

Nach diesen Untersuchungen ist Jugend demnach nicht am Alter, sondern an der Rolle in der Gesellschaft festzusetzen. Auch die Bezeichnung Jugend ist eine soziale Kategorie und damit veränderlich. Es ist keine statistische Größe, sondern von den sozialen Strukturen deren Mitglieder abhängig. Jugendlicher ist, wer die biologische Reife erlangt hat, aber noch nicht die soziale Reife.

Umgangßprache ist leichter und eindeutiger zu definieren als Jugendsprache. Sie ist die , "mit leicht abgewandelter Konnotation im Sinne von Alltagßprache, die Gesamtmenge der mündlichen und schriftlichen Äußerungen im familiären und beruflichem Kontext". Zudem wird sie als "Ausgleichsprodukt zwischen sozialen und regionalen mündlichen Sprachvarianten" bezeichnet.

Walter Henzen wies in seiner Abhandlung "Schriftsprache und Mundarten" nach, daß fast niemand Schrift- oder Hochsprache spricht, sondern eine Zwischenstufe, die Umgangßprache im alltäglichen Leben verwendet.

Der Übersetzer des bA verwendet im Vergleich zum standarddeutschen Asterix die Sprache der Jugendlichen und die Sprache, die im täglichen Leben zwischen Menschen zur Anwendung kommt. Dies erscheint im jeweiligen Textzusammenhangfremd und ungewöhnlich. Die Funktion des Einsatzes von Jugend- und Umgangßprache als Xenismus soll in den folgenden Untersuchungen verdeutlicht werden.

std. Asterix bair. Asterix Bedeutung des Ausdruckes im bA
am Ende seiner Kräfte fix und fertig fix und fertig (=US):
abgearbeitet, erschöpft sein;
Hurra Geil Geil (=JS):
seit dem 20.Jh hat geil eine erotische Bedeutung; in der JS manifestiert sich jedoch wieder eine Bedeutungsänderung vom Erotischen weg: gut, wunderbar, hervorragend;
Ich hab da gotisch gehört Hey man, da quatscht doch wer gotisch; Quatschen (=US): bedeutungsloses reden, schwätzen;
Spaß machen verarschen verarschen (=US):
sich mit jemandem einen Spaß erlauben;

Tabelle 15: Jugend- und Umgangßprache

Zu den in Tabelle 13 festgehaltenen Beobachtungen können zu den einzelnen jugend- und umgangßprachlichen Ausdrücken noch weitere intereßante Feststellungen gemacht werden.

Die Bedeutung des Wortes "geil", zum Beispiel, deßen Ursprünge bereits im 8.Jahrhundert liegen, entwickelte sich im Deutschen einerseits zu "sexuell lüstern", andererseits zu "üppig". In der modernen Jugendsprache wird es häufig als allgemeiner Ausdruck der Anerkennung gebraucht.

"Verarschen" ist der vulgäre Ausdruck für "jemanden auf den Arm nehmen". Die Ursprünge für dieses Wort, das aus unklarem Übertragungsmotiv aus der Soldatensprache übernommen wurde, wurzeln im 19. Jahrhundert.

Zusammenfaßung:

Der bewußte Einsatz von Jugend-und Umgangßprache dient erneut der Belustigung und ist somit ein weiteres Stilelement der Sprachkomik.

Den gallischen Hauptpersonen, aber auch den Römern werden jugend- und umgangßprachliche Ausdrücke in den Mund gelegt, die der Leser in diesem Zusammenhang nicht erwarten würde. Der standarddeutsche Text wird durch diese Einflüße modernisiert und erhält alltagßprachliche Elemente.

Weiterhin ist der Dialektband "Auf geht´s zu de Gotn" ansprechender und leichter verständlich, da gesprochene Sprache, Jugend- und Umgangßprache, verschriftlicht wird.

Es laßen sich zwar gewiße Regeln erkennen, jedoch ist Jugend- und Umgangßprache, ebenso wie der Dialekt keine grammatikalisch definierte Sprache, wie die Standardsprache, sondern gesprochene Sprache. Im bA sind die Ausdrücke so niedergeschrieben, wie sie aus dem Munde eines Jugendlichen oder eines Umgangßprachensprechers kommen. Hierdurch werden festgesetzte Sprachnormen der Standardsprache außer Acht gelaßen, was die Sprache einfacher, eben gesprochen erscheinen läßt.


 

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